Sonntag, 22. März 2020
Und tschüss... vorerst?
Covid-19, wohl besser bekannt zur Zeit als Corona-Virus, bereitet im Moment in Deutschland, oder eher ganz Mittel und Südeuropa Probleme. Auch in Amerika und Asien sind die Auswirkungen zu spüren, und obwohl anfangs noch ziemlich verschont, werden auch in Afrika die erten Fälle gemeldet.
Durch meine Verbindung nach Europa, sowohl durch soziale Netzwerke als auch durch Erzählungen meiner Familie bekomme ich immer mehr mit, was es mit dem Virus auf sich hat, und worin die Gefahren liegen. Die hohe Infektionsrate, die schnelle Infektion, die relativ lange symptomlose Zeit, während der man aber schon Leute anstecken kann. Die Gefahr der Unterschätzung, da es bei gesunden Menschen oft nur einen Schnupfen hervorruft, aber alte, kranke und immunschwache Menschen töten kann. Die Ratlosigkeit der Ärzte bei der Behandlung, fehlende Versorgungsmöglichkeiten.
Gerade die letzten beiden Punkte machen mich doch etwas stutzig. Das ach so weit entwickelte Mitteleuropa weiß nicht mehr so recht weiter.
Und dann kommen die Nachrichten, dass in den ersten südafrikanischen Ländern Covid-19-Fälle bestätigt wurden. Die Nachrichten überschlagen sich.
Und die ganze Zeit habe ich im Hinterkopf die Frage: Was passiert, wenn das Virus hier in Sambia ausbricht?
Ein mögliches, nicht ganz unwahrscheiliches Szenario wäre, dass innerhalb weniger Wochen ein großer Teil der Bevölkerung infiziert ist, da Hygienemaßnahmen hier schwer einzuhalten sind, wenn es kein fließend Wasser gibt. Außerdem können sich die wenigsten Leute einen Test, geschweige denn einen Krankenhausbesuch leisten. Und dadurch, dass in den Compounds, also den Armenvierteln, wo ein Großteil der Leute lebt, viele Leute auf engem Raum leben und auf engen, belebten Märkten und Straßen einkaufen und sich bewegen, wäre die Infektionsgeschwindigkeit beängstigend hoch.
Wie geht es dann weiter? Etwa 40% der SambierInnen ist HIV positiv, dazu kommt, dass ein großer Teil der Bevölkerung mangelernährt ist. Diese Leute gehören alle zur Risikogruppe. Und wenn die dann alle mehr oder weniger gleichzeitig ärztliche Hilfe für eine Lungenentzündung brauchen, also Beatmung und Intensivbetreuung ist das spärlich augestatte sambische Gesundheitssystem schnell komplett überlastet. Hinzu kommt noch, dass Südafrika mittlerweile langsam die Häfen schließt und eine weitere Verbreitung des Virus zu vermeiden und dadurch werden noch weniger Güter in Sambia ankommen.
Die Folge des kollabierenden Gesunheitssystems wären vermutlich viele Tote. Wir Freiwilligen wären vom Virus wahrscheinlich nicht direkt bedroht, aber ich möchte so viele Todes- und Krankheitsfälle ehrlich gesagt nicht miterleben müssen.
Ähnlich Gedanken hat die Sambische Regierung wohl auch, und auch viele andere Regierungen auf der Welt, denn schnell werden Einreisebeschränkungen verhängt. Menschen aus Hochrisikogebieten müssen nach der Einreise nach Sambia für 14 Tage in Quarantäne, andere Länder schließen die Grenzen für Menschen aus Hochrisikogebieten ganz.
Auch Fluggesellschaften reagieren. Flüge in Hochrisikogebiete werden abgesagt, verschoben oder zwei halbleere Flüge zusammengelegt. Reisen wird zu einer immer größeren Herausforderung.
Das bekommt auch die deutsche Regierung, oder besser gesagt das Bundesministerium für Entwicklung und politische Zusammenarbeit (BMZ), mit. Das BMZ ist der Finanzier des weltwärts-Programms, an dem ich ja teilnehme, und ist damit auch verantwortlich für uns.
Um die Sicherheit von den Freiwilligen zu gewähren, und sicherzustellen, dass wir nach Deutschland zurück können, und nicht durch geschlossene Grenzen gefangen sind, wird der Beschluss gefasst, alle weltwärts-Freiwilligen auf der ganzen Welt, von allen Organisationen nach Deutschland zurück zu holen.
Diese Information erhalte ich am Montag, den 16.03.2020. Kurz darauf erhalte ich von "Brot für die Welt" die Info, dass der Rücklfug für und Sambiafreiwillige von Brot am Donnerstag, den 19.03. gehen wird. Was das bedeutet wird mir sofort klar: ein eilige Aufbruch, keine richtige Gelegenheit mehr sich zu verabschieden, Freunde früher als geplant zurücklassen, ohne Abschied, Projekte nicht mehr umsetzen zu können...
Als die Flugdaten kommen bin ich in Livingstone, das heißt ich kann est am Dienstag mittag in Sinazeze sein um zu packen. Das wird stressig. Immerhin muss das Haus auch noch aufgeräumt werden. Naja es muss irgendwie gehen. Da Frieda und ich am Mittwoch noch Lusaka fahren müssen, um am Donnerstag abfliegen zu können haben wir einen Nachmittag um zu packen.
Es ist stressig, aber es geht. Vor allem, weil die Frau unseres Mentors und unsere Chefin für uns Abendessen kochen.
Am Mittwoch dann die Fahrt nach Lusaka, Abendessen und ab ins Bett. Mittlerweile hat mich die Nachricht erreicht, dass Mitfreiwillige in Kamerun festsitzen, weil die Grenzen dicht gemacht wurden und deshalb keine Flüge mehr gehen.
Am Donnerstag wird gefühstückt und dann gehts zum Flughafen. Dort merkt man, welche Sorgen Sambia bezüglich desVirus hat. Überall laufen Beamte rum und ermahnen leute Abstand voneinander zu halten, man muss sich die hande desinfizieren und viele tragen Atemmasken.
Bei der Zwischenlandung in Addis Abeba mussen wir einen Zettel ausfüllen, ob wir in "Coronaländern" waren, ob wir Symptome haben oder Kontakt zu Infizierten. In Frankfurt werden die Pässe noch im Gangway kontolliert und nur Deutsche dürfen aus der Sicherheitszone raus und einreisen. Ein Franzose wird aggressiv abgewiesen.
Als ich wieder in Deutschland und München ankomme ist mir alles bekannt und doch komme ich mir fremd vor, irgendwie fehl am Platz. Ich sollte noch 5 Monate in Sambia sein bei 30 Grad und Sonne und nicht bei 13 Grad und Wolken. Ich sollte mit den Kindern im Jugendzentrum spielen und nicht meine Koffer auspacken. Ich sollte nicht hier in Deutschland sein, sondern in Sambia.
Natürlich freue ich mich meine Familie wieder zu sehen und bald vielleicht auch meine Freunde, aber ich war darauf eingestellt noch in Sambia zu sein und deshalb ist das alles zu Früh. Mir bleibt nur zu hoffen, dass die Krise bald überstanden ist und ich nochmal zurück nach Sambia kann.

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Sambia gilt wegen der vielen geschäftlichen Beziehungen mit China als besonders gefährdet. Beim Auswärtigen Amt kann man sich in dessen Krisenvorsorgeliste registrieren.

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Das mit den vielen Beziehungen zu China stimmt, aber bisher hat sich Sambia relativ gut abgeschirmt, Quarantänen veranlasst. Die Krisenvorsorgeliste hilt den Leuten, die noch im Lnd sind sicherlich, wenn denn evakuiert werden sollte.

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