Samstag, 2. November 2019
Postapokalypse?!?!?!?!
40 Grad Celsius, die Hoffnung auf fließend Wasser und Strom haben wir schon vor Tagen aufgegeben. Die Wasservorräte neigen sich bedenklich schnell dem Ende zu und müssen trotz dauerhaftem Durst eingeteilt werden. Unsere Mobilfunkgeräte laden wir an allen erdenklichen Stromquellen wie Laptopakkus, damit wir der Gruppe ab und zu ein Lebenszeichen senden können. Wir sind der schwache Rest der Gruppe, die Kranken und Verletzten, die zurückgeblieben sind. Langsam gehen auch die Essensvorräte zur Neige, da immer mehr Sachen aus dem schon warmen Kühlschrank schlecht werden. Uns bleiben nur noch Konservendosen und alte Semmeln. Das Essen aus den Konservendosen mixen wir so zusammen, dass es möglichst viel Flüssigkeit enthält, damit wir Wasser sparen können. Und wie würzt man essen so, dass es nährstoffhaltig ist, aber nicht durstig macht? Und wie können wir uns vor der Sonne, dem Staub und der omnipräsenten Hitze schützen? Während wir versuchen diese Fragen zu beantworten trocknen die Münder immer weiter aus und selbst vom reinen Nichtstun läuft der Schweiß.

Was sich anhört wie ein Teil aus einer postapokalytischen Geschichte, war für mich vor ein paar Tagen Realität bei einem Besuch der Freiwilligen in Sinazeze. Dort ist die Wasser- und Stromsituation seit Anfang der Freiwilligenjahres schwierig gewesen wegen der vorherrschenden Dürre. Durch Misswirtschaft der Regierung am Staudamm des Kariba-Sees (Sambias Hauptstromquelle) und ausbleibendem Regen kämpft das ganze Land mit Strommangel. Seit die Regierung das load shedding eingeführt hat, steigerten sich die Stromausfälle von 6 bis zu mittlerweile 10 Stunden am Tag. Erwartet wird, dass es bis zu 15 Stunden werden könnten. Und da nahezu alle Wasserpumpen mit Strom betrieben werden, weshalb die Wassertanks nicht mehr richtig gefüllt werden können, und das Grundwasser immer weiter sinkt, gab es bisher vor Ort täglich nur etwa 30 Minuten fließend Wasser, in denen alle Behältnisse gefüllt werden mussten.
Als am Samstag, den 26.10., dann ein anbrechender Ast die lokale Stromleitung abriss, fiel der Strom komplett aus, und damit auch die Wasserversorgung, denn ohne Strom keine Pumpe und ohne Pumpe kein Wasser. Am Samstag waren wir auf einem Ausflug und bekamen nicht von dem Problem mit und schöpften nach der Rückkehr keinen Verdacht, da abends ein Stromausfall geplant war. Als am Sonntag der Strom immer noch ausblieb, fragten wir nach, was da los sei und erfuhren von dem Ast. Schnell wurde uns klar, dass somit auch das Wasser ausbleiben würde und wir überprüften die Vorräte. Anfangs sah es ganz gut aus, da wir zu viert nur bis Montag früh auskommten mussten, und mit leichten Einsparungen wäre das machbar.
Für Montag früh war für uns alle die Abreise angesagt aus verschiedenen Gründen. Für Amelie und Vivi klappte das auch, doch Frieda und ich mussten krankheitsbedingt (Magen- und Knieprobleme) und aus versicherungstechnischen Gründen auf einen Krankenwagen warten, bei dem irgendwann klar wurde, dass er nicht mehr vor Montag Abend kommen kann. Damit wurde die Situation für uns etwas brenzlig, da wir nicht darauf eingestellt und vorbereitet waren, noch so lange auszuharren. Jetzt mussten wir mit Wasser im allgemeinen und vor allem Trinkwasser gut haushalten und uns auch eine Lösung überlegen, was wir essen können, denn im Kühlschrank war mittlerweile alles schlecht geworden. Nach ein paar Stunden des Ausharrens, während denen man bei jedem Schluck fast schon ein schlechtes Gewissen bekam, hatten wir die beinahe rettende Idee. Glücklicherweise konnten wir Wasserreserven aus dem Heißwassertank auf dem Dach des Hauses, der alledings nur ab und zu Wasser führt, mobilisieren. Und dass wir uns über den Konservenvorrat hermachten erleichterte die Situation auch merklich. Abends gegen 19 Uhr kam dann sogar wieder der Strom zurück und wir konnten unsere Powerbanks, Handys und Laptop, deren Akkus alle zur Neige gingen, aufladen. Wasser bekamen wir immer noch nicht, aber wir konnten uns bis Mitternacht mit dem Wasser aus dem Tank helfen. Dann wurden wir endlich vom Krankenwagen abgeholt und konnten nach Lusaka zu unserer Landesmentorin gebracht werden, wo die Versorgung an Strom und Wasser deutlich besser ist, durch Solarsysteme und Wassertanks. Im Endeffekt hatten wir sogar noch genug Wasser um für die Fahrt nach Lusaka 3 Flaschen mitzunehmen.
Am Ende ist also nochmal alles gut gegangen, aber es war schon eine sehr interessante Erfahrung, zu Wissen, dass man mit jedem Schluck Wasser die Vorräte aufzubrauchen, wenn man nicht weiß, wie lange diese noch halten müssen.
Mittlerweile haben sich nach fast einer Woche in Lusaka meine Magenprobleme danke Antibiotika wieder gelegt und ich bin zurück in Kafue um am Montag wieder frisch an die Arbeit zu gehen.
Zum Schluss noch eine kleine Ergänzung um kein falsches Bild zu erzeugen: Ja, in hier Sambia gibt es derzeit ein akutes Wasserproblem, das auch zu einem Stromproblem geführt hat, doch es ist nicht alltäglich, dassman mal 2 bis 3 Tage weder Wasser noch Strom hat. In Sinazeze ist das mit den 30 Minuten fließend Wasser schon das Extremste, von dem ich gehört habe. Die Stromausfall sind mittlerweile relativ normal, und hier an der Kafue Boys Secondary School haben wir erfreulicherweise mehr Strom durch riesige Dieselgeneratoren und dadurch auch fast dauerhaft fließend Wasser. Die Normalsituation in Städten (und Dörfern mit Strom- und Wasseranschluss) ist momentan in Sambia allerdings, dass man etwa 10 Stunden Stromausfall hat und wenn es Strom gibt, gibt es auch Wasser

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