Freitag, 22. November 2019
Wenn einer eine Reise tut, dann kann er was erzählen!
Dieser Spruch trifft es meiner Meinung nach ganz gut, wenn man hier in Sambia unterwegs ist, denn es hat immer etwas abenteuerliches. Immer wenn ich hier unterwegs bin, nutze ich die Reisemittel, die hier alle nutzen, die kein eigenes Auto haben, also der Großteil aller Leute. Das sind entweder Busse oder man trampt. Bei den Bussen muss man nochmal unterscheiden. Es gibt große Busunternehmen, die einigermaßen nach deutschen Standards fahren, also einen Fahrplan mit Uhrzeiten und Haltestellen haben, an den sie sich in etwa halten, aber diese Busse sind unverhältnismäßig teuer. Und dann gibt es die Minibusse, bei denen man den Preis durch Verhandlungen senken kann, aber die haben keinen Fahrplan, sondern fahren erst los, wenn der Bus voll ist, also mit mindestens 12 Leuten besetzt, und dann werden unterwegs noch immer Leute aufgesammelt oder abgesetzt. Dadurch wird es fast unmöglich Ankunftszeiten zu schätzen.
Zum Trampen kann ich nicht so viel erzählen, aber das ist hier ein ganz normales Reisemittel und sehr sicher. Man kann sich meist einfach an die Straße stellen, vorbeifahrende Autos anhalten und gegen eine kleine Bezahlung wird man mitgenommen.
Aber was macht das Reisen hier jetzt so besonders? Dass man nie weiß was passiert.
Letztens fuhr ich von Kafue nach Choma. Das sind etwa 250 km, und laut Google Maps brauch man knapp 3 Stunden dafür. Dass diese Berechnung nicht realistisch ist, war mir klar, ich rechnete eher mit 5 Stunden. Als ich in Kafue in einen Minibus stieg ging es erfeulicherweise sehr bald los. Außerdem bekam ich wie so oft einen der beiden Plätze ganz vorne (vermutlich wegen der Hautfarbe). Zunächst verlief die Fahrt ganz normal und sehr ruhig, aber dann wurden wir an einer Routine-Straßenkontrolle angehalten, weil irgendwas mit den Papieren des Fahrers nicht in Ordnung war. Nach 5 Minuten Diskussion des Fahrers mit der Road Patrol ging es dann erstaunlich schnell weiter. Nach etwa einem Drittel der Strecke (in Mazabuka) hielt mein Minibus dann an und mir wurde gesagt, ich solle in einen anderen Minibus einsteigen, dieser würde mich nach Choma bringen. Gesagt getan. Doch bevor die Fahrt weitergehen konnte, durfte ich noch beobachten wie sich der "Callboy", sowas wie der Schaffner, des neuen Busses sich mit einem Betrunkenen prügelte, da dieser mitfahren wollte, aber nicht durfte. Dann ging die Fahrt auch schon weiter. Nach weiteren 60 km hielt mein Bus schon wieder, diesmal in Monze. Dort wurde ich wieder in einen anderen Bus gesetzt, damit ich nach Choma komme. Dieser Bus erinnerte mich an einen typischen amerikanischen Schulbus und ich musste 45 Minuten warten, bis die Fahrt losging. In diesem dritten Bus hatte ich dann auch ein bisschen Platz und musste mir nicht 2 Sitzplätze mit einem weiteren Fahrgast und 3 Rucksäcken teilen. Dafür hielt der Fahrer immer wieder an um seine Einkäufe fürs Abendessen zu machen. Nach 6 Stunden Fahrt in den verschiedenen Bussen kam ich denn endlich müde, hungrig und verschwitzt in Choma an.


Hügelig, gerade, in einem Zustand der als mittelmäßig durchgeht und einspurig: eine klassisch sambische "Autobahn"

Noch ein paar Highlights aus meinen bisherigen Busfahrten:
- ein kleiner Junge kotzt einen Meter von mir entfernt in den Gang des Reisebusses
- ein Minibus riecht extrem nach Hundefutter
- wir sitzen zu viert in der zweiten Reihe des Minibus sehr gequetscht, während in der dritten Reihe nur eine Person sitzt
- bei einem kurzen Stopp erzählt mir "Francis", den ich davor auch noch nicht kannte, seine Lebensgeschichte und dass er gerade auf sein Visum für Kanada wartet (ungefragt)
- wir fahren mit 13 Leuten in einem Achtsitzer und der "Callboy" muss im Auto stehen
- der Fahrer kauft einfach mal 2 lebende Hühner am Straßenrand und packt sie in den Kofferraum
- bei einem Zwischenstopp werde ich unangenehm angequatscht und ausgefragt und erfinde Geschichten (z.B. dass ich aus Tschechien komme) um nicht zu viel Persönliches preiszugeben

Doch trotz aller Hindernisse, Schwierigkeiten und seltsamen Ereignissen bin ich bisher immer gut an mein Ziel gekommen. Und ich lerne immer besser die ganzen Vorkommnisse mit Humor zu nehmen und darüber zu lachen.

... link (0 Kommentare)   ... comment


Samstag, 2. November 2019
Postapokalypse?!?!?!?!
40 Grad Celsius, die Hoffnung auf fließend Wasser und Strom haben wir schon vor Tagen aufgegeben. Die Wasservorräte neigen sich bedenklich schnell dem Ende zu und müssen trotz dauerhaftem Durst eingeteilt werden. Unsere Mobilfunkgeräte laden wir an allen erdenklichen Stromquellen wie Laptopakkus, damit wir der Gruppe ab und zu ein Lebenszeichen senden können. Wir sind der schwache Rest der Gruppe, die Kranken und Verletzten, die zurückgeblieben sind. Langsam gehen auch die Essensvorräte zur Neige, da immer mehr Sachen aus dem schon warmen Kühlschrank schlecht werden. Uns bleiben nur noch Konservendosen und alte Semmeln. Das Essen aus den Konservendosen mixen wir so zusammen, dass es möglichst viel Flüssigkeit enthält, damit wir Wasser sparen können. Und wie würzt man essen so, dass es nährstoffhaltig ist, aber nicht durstig macht? Und wie können wir uns vor der Sonne, dem Staub und der omnipräsenten Hitze schützen? Während wir versuchen diese Fragen zu beantworten trocknen die Münder immer weiter aus und selbst vom reinen Nichtstun läuft der Schweiß.

Was sich anhört wie ein Teil aus einer postapokalytischen Geschichte, war für mich vor ein paar Tagen Realität bei einem Besuch der Freiwilligen in Sinazeze. Dort ist die Wasser- und Stromsituation seit Anfang der Freiwilligenjahres schwierig gewesen wegen der vorherrschenden Dürre. Durch Misswirtschaft der Regierung am Staudamm des Kariba-Sees (Sambias Hauptstromquelle) und ausbleibendem Regen kämpft das ganze Land mit Strommangel. Seit die Regierung das load shedding eingeführt hat, steigerten sich die Stromausfälle von 6 bis zu mittlerweile 10 Stunden am Tag. Erwartet wird, dass es bis zu 15 Stunden werden könnten. Und da nahezu alle Wasserpumpen mit Strom betrieben werden, weshalb die Wassertanks nicht mehr richtig gefüllt werden können, und das Grundwasser immer weiter sinkt, gab es bisher vor Ort täglich nur etwa 30 Minuten fließend Wasser, in denen alle Behältnisse gefüllt werden mussten.
Als am Samstag, den 26.10., dann ein anbrechender Ast die lokale Stromleitung abriss, fiel der Strom komplett aus, und damit auch die Wasserversorgung, denn ohne Strom keine Pumpe und ohne Pumpe kein Wasser. Am Samstag waren wir auf einem Ausflug und bekamen nicht von dem Problem mit und schöpften nach der Rückkehr keinen Verdacht, da abends ein Stromausfall geplant war. Als am Sonntag der Strom immer noch ausblieb, fragten wir nach, was da los sei und erfuhren von dem Ast. Schnell wurde uns klar, dass somit auch das Wasser ausbleiben würde und wir überprüften die Vorräte. Anfangs sah es ganz gut aus, da wir zu viert nur bis Montag früh auskommten mussten, und mit leichten Einsparungen wäre das machbar.
Für Montag früh war für uns alle die Abreise angesagt aus verschiedenen Gründen. Für Amelie und Vivi klappte das auch, doch Frieda und ich mussten krankheitsbedingt (Magen- und Knieprobleme) und aus versicherungstechnischen Gründen auf einen Krankenwagen warten, bei dem irgendwann klar wurde, dass er nicht mehr vor Montag Abend kommen kann. Damit wurde die Situation für uns etwas brenzlig, da wir nicht darauf eingestellt und vorbereitet waren, noch so lange auszuharren. Jetzt mussten wir mit Wasser im allgemeinen und vor allem Trinkwasser gut haushalten und uns auch eine Lösung überlegen, was wir essen können, denn im Kühlschrank war mittlerweile alles schlecht geworden. Nach ein paar Stunden des Ausharrens, während denen man bei jedem Schluck fast schon ein schlechtes Gewissen bekam, hatten wir die beinahe rettende Idee. Glücklicherweise konnten wir Wasserreserven aus dem Heißwassertank auf dem Dach des Hauses, der alledings nur ab und zu Wasser führt, mobilisieren. Und dass wir uns über den Konservenvorrat hermachten erleichterte die Situation auch merklich. Abends gegen 19 Uhr kam dann sogar wieder der Strom zurück und wir konnten unsere Powerbanks, Handys und Laptop, deren Akkus alle zur Neige gingen, aufladen. Wasser bekamen wir immer noch nicht, aber wir konnten uns bis Mitternacht mit dem Wasser aus dem Tank helfen. Dann wurden wir endlich vom Krankenwagen abgeholt und konnten nach Lusaka zu unserer Landesmentorin gebracht werden, wo die Versorgung an Strom und Wasser deutlich besser ist, durch Solarsysteme und Wassertanks. Im Endeffekt hatten wir sogar noch genug Wasser um für die Fahrt nach Lusaka 3 Flaschen mitzunehmen.
Am Ende ist also nochmal alles gut gegangen, aber es war schon eine sehr interessante Erfahrung, zu Wissen, dass man mit jedem Schluck Wasser die Vorräte aufzubrauchen, wenn man nicht weiß, wie lange diese noch halten müssen.
Mittlerweile haben sich nach fast einer Woche in Lusaka meine Magenprobleme danke Antibiotika wieder gelegt und ich bin zurück in Kafue um am Montag wieder frisch an die Arbeit zu gehen.
Zum Schluss noch eine kleine Ergänzung um kein falsches Bild zu erzeugen: Ja, in hier Sambia gibt es derzeit ein akutes Wasserproblem, das auch zu einem Stromproblem geführt hat, doch es ist nicht alltäglich, dassman mal 2 bis 3 Tage weder Wasser noch Strom hat. In Sinazeze ist das mit den 30 Minuten fließend Wasser schon das Extremste, von dem ich gehört habe. Die Stromausfall sind mittlerweile relativ normal, und hier an der Kafue Boys Secondary School haben wir erfreulicherweise mehr Strom durch riesige Dieselgeneratoren und dadurch auch fast dauerhaft fließend Wasser. Die Normalsituation in Städten (und Dörfern mit Strom- und Wasseranschluss) ist momentan in Sambia allerdings, dass man etwa 10 Stunden Stromausfall hat und wenn es Strom gibt, gibt es auch Wasser

... link (0 Kommentare)   ... comment


Donnerstag, 17. Oktober 2019
Der Tag hat zu wenig Stunden!!!
Der Tag hat zu wenig Stunden!
Diese Lektion musste ich die letzten Tage und Wochen eindeutig lernen. Oder die Lektion, die ich lernen musste war, dass es zeitaufwändiger und anstrengender als gedacht ist, neben einem Job auch noch einen Haushalt zu führen.
Für mich beginnt ein normaler Tag um 6:30 Uhr morgens. Nach einem kurzen Frühstück, einer dürftigen Körperpflege, weil wir morgens kein Wasser haben, und noch ein paar Minuten im Bett, um Motivation für den Tag zu finden, beginnt um 8:00 Uhr die Arbeit. Die eigentliche Arbeit beginnt oft erst später, da die Sambier im Hausmeisterteam das mit der Pünktlichkeit und dem effizienten Nutzen der Arbeitszeit ein bisschen anders sehen als der typische Deutsche, doch offizieller Treffpunkt ist um 8 Uhr am "Maintainance Office", also der Werkstatt und Büro des Hausmeisterteams.
Von 8:00 bis 12:00 Uhr bin ich also bei der Arbeit und helfe dabei, die Schule und das Gelände in Stand zu halten. Um 12 geht es meist pünktlich in die Mittagspause. Zum Essen gehe ich mit Elias immer in die Schulkantine, wodurch wir uns Zeit und Arbeit sparen. In der Mittagspause von 12 bis 14 Uhr, die man sehr gut zum Entspannen nutzen könnte, gehe ich entweder einkaufen, wasche ein paar Klamotten durch oder tue ein bisschen was für den Haushalt und kann mir oft nur 15 Minuten Pause gönnen. Diese kurze Pause ist aber immer dringend nötig und nur zur Entspannung da. Um 14 Uhr geht es in der Arbeit dann weiter bis mindestens 16 Uhr, meist auch bis 16:30 und darüber hinaus. Ganz selten geht es sogar bis 17:30 Uhr.
Je nachdem wann ich Feierabend machen kann, kann ich für das Abendessen noch einmal in die Schulkantine gehen, aber das geht immer nur bis ca. 16:30. Warum hier so früh zu Abend gegessen wird, verstehe ich auch nicht. Falls ich dafür zu spät dran bin, muss ich später noch zu Hause kochen, was mir wieder Zeit "klaut". Denn wenn ich nach Hause komme, würde ich am liebsten einfach nur schlafen, denn die Arbeit ist wirklich anstrengender als erwartet und auch das heiße Wetter (täglich +35 Grad) trageb ihren Teil zur Erschöpfung und Müdigkeit bei. Aber in dem Haus hier gibt es immer was zu tun. Sei es Wäsche waschen (eine nie endende Aufgabe), putzen (Wo kommt der ganze Staub her?), das Chaos des Vorgängers beseitigen, kochen oder backen, es ist immer was zu tun.

Die ungebackenen Naan-Fladen
So sehen meine Vorbereitungen zu backen aus.


Falls sich jetzt jemand fragt, wieso ich bei der ganzen Arbeit auch noch backe: hier gibt es an Brot nur langweiliges, gehaltloses Toast zu kaufen, weshalb ich angefangen habe mir fürs Frühstück mein eigenes Naan (indisches Fladenbrot) zu backen, was glücklicherweise auch in der Pfanne geht, sonst wäre ich aufgeschmissen, da wir nur einen Gasherd haben.


Schon in der Pfanne sehen neine Naanbrote nicht schlecht aus.


Außerdem darf abends, wenn wir endlich vernünftigen Wasserdruck haben, die Körperpflege nicht zu kurz kommen. Ich versuche ab und zu auch noch ein bisschen Fußball zu spielen mit den Schülern und Angestellten der Schule. Außerdem müssen immer wieder Berichte und Blogs geschrieben werden. Das sind alles Sachen die Zeit in Anspruch nehmen und aber auch nicht zu kurz kommen dürfen.
Wenn ich dann zur Ruhe komme ist es meistens schon 22 Uhr. Dann ist es aber leider oft noch zu warm um zu schlafen, weshalb ich die Zeit nutze um mir zu notieren, was den Tag über so passiert ist und bis ich dann fertig bin ist es oft schon Mitternacht und mir fallen noch immer Sachen ein, die ich noch tun könnte, aber leider auf den nächsten Tag verschieben muss, um ein bisschen Schlaf zu kriegen bevor es am nächsten Tag wieder voll beschäftigt weiter geht.
Wie sehr mich die dauerhafte Beschäftigung körperlich mitnimmt, merke ich auch deutlich an meinem Gewicht. Auch wenn es noch nicht durch eine Waage bestätigt wurde, merke ich dass ich deutlich abgenommen habe, denn ich musste meine Gürtel schon deutlich enger schnallen. Und das, obwohl ich durch das Nshima, so wird der typische Maisbrei, den es in der Schulkantine immer mit Gemüse oder Fleisch gibt, genannt, pure Kohlenhydrate ist und die ja normalerweise in jedem Diätplan verboten werden.
Zu hoffen bleibt jetzt erstmal nur, dass irgendwann die Arbeit von einem sauber bekommen des Hauses zu einem sauber halten schrumpft. Aber es ist jetzt schon abzusehen, dass immer wieder neue Baustellen anfallen werden. So ist zum Beispiel unser Waschbecken gefährlich locker in der Wand befestigt. Es wird also in nächster Zeit erstmal nicht langweilig werden.

... link (1 Kommentar)   ... comment